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Dienstag, 23. Februar 2010

Liebe Naina



"Obwohl ich mich viel freier und zufriedener als jemals zuvor in meinem Leben fühle (eine Entwicklung, die nach einer großen Lebens-/Liebes-krise 2008/09 ins Rollen kam), frage ich mich, was mich mein Leben lang so blockiert und gelähmt hat.

Ein Leben wie im Wartesaal, das vorherrschende Gefühl: Angst. Das bißchen Energie, das mir zur Verfügung stand, nutzte ich lediglich, um mich zu verstecken und es allen recht zu machen. Im Großen und Ganzen fühle ich mich immer noch sehr blockiert. Obwohl ich mich mittlerweile damit abgefunden habe und meistens nicht mehr leide, frage ich mich.....ja - ich übernehme das einfach mal - ob ich überhaupt in der Lage dazu bin, jemals sowas wie eine "Lebensaufgabe" (einen Sinn?) für mich zu finden. Ob ich es schaffe, so frei zu sein, wie es mein Ideal wäre."

Die Fragestellerin hat die Sonne im Wassermann, eine Mond-Saturn Konjunktion im 11. Haus, ein grosses Quadrat mit Mond/Saturn, Uranus, Venus/Merkur und Jupiter/Chiron. Der Aszendent ist in der Jungfrau.



Was mir am meisten auffällt, ist Deine sehr enge Konjunktion von Saturn und Mond im Krebs. Der Mond steht für Deine sanfte, weibliche, kindliche, emotionale Seite. Der Saturn ist der Herr der Beschränkung, der Limitation, der strenge Meister, der Schnitter, das Nein im Leben. Wenn der Krebsmond seine Sanftheit und sein Bedürfnis nach Liebe ausdrücken will, trifft er auf einen strengen Zenmeister, auf einen Samurai mit dem Schwert, auf Einschränkung, auf ein brutales Nein. Diese beiden unterschiedlichen Kräfte müssen in Deinem Horoskop irgendwie miteinander auskommen, eine Synthese finden. Das ist die Aufgabe.

Wir brauchen beide Energien – die Emotion und die Strenge. Saturn gibt uns Struktur, Disziplin, Durchhaltevermögen, Stärke. Der Mond gibt uns Intuition, Sanftheit, Empathie, Liebesfähigkeit. Es gibt keine guten oder schlechten Planeten, wir brauchen alle Energien, die in einem Horoskop präsent sind. Nur sind diese beiden polaren Kräfte in Deinem Horoskop ein Paar, ein seltsames Paar das auf allerengstem Raum, in einer Einzimmerwohnung, miteinander auskommen muss.

Was entsteht aus dieser Vereinigung? Zuerst einmal jede Menge Trouble. Mit Deiner Mond-Saturn Konjunktion ist die nagende Frage: „Bin ich gut genug? Verdiene ich Liebe?“ ein ständiger Begleiter. Angst ist das vorherrschende Gefühl dieser Konjunktion, die Angst vor dem Leben, vor dem Sterben, vor dem Versagen und vor dem Gewinnen. Ich erlebe bei Dir eine Kindheit voller Verletzung und Unsicherheit, kein sonniges Paradies sondern ein Ort der Verwirrung und Entfremdung. Ich denke an die kleine Meerjungfrau, die meinte, ihre Natur, ihre natürliche Gestalt opfern zu müssen, um die Liebe des Prinzen zu gewinnen. Das musst Du nicht und das darfst Du nicht.

Alles hat seinen Sinn, auch der grösste Schmerz und die schlimmste Angst. Frage Dich: Was macht eine verletzte Auster? Sie bildet eine Perle von seltener Schönheit. Du konntest Dich nicht ohne Schmerz entwickeln, den Du erfahren hast. Der Schmerz war der Meister, der Dich dahin geführt hat wo Du heute stehst.

Die Perle, die Du entwickeln wirst, ist das innere Wissen, wer Du bist und was Du wert bist, dass Du so wie Du bist genau richtig bist. Dass Du so wie Du bist, liebenswert, schön und richtig bist. Wie alles Prozesse, die mit Saturn verbunden sind, wird das nicht über Nacht geschehen – es ist ein lebenslanger Prozess. Manchmal ist es wie eine Springprozession, in der man zwei Schritte vorwärts und einen zurück geht. Man denkt auch an das Bild eines mittelalterlichen Alchemisten, der in seinem Labor minderes Metall, das Blei des Leidens, in reines Gold verwandelt. Ein Yogi, der oft genug von einer Schlange gebissen wird, stirbt oder wird immun. Du lebst.

Es könnte auch sein, dass Dir Erfahrungen aus der Kindheit gelegendlich noch Schwierigkeiten bereiten, die Dinge anzupacken (Mars-Opposition Neptun), wilde Lebenslust zu erfahren. Das natürliche Fauchen einer Wildkatze, das wilde und ungestüme Vorwärtsgallopieren eines Pferdes, die Gewalt des Sturms, des Donners, die archaischen Urgewalten in Dir sind vielleicht noch gebremst. Ich glaube aber, dass Du mit zunehmendem Alter diese Kräfte immer stärker entfesseln und nutzen kannst. Ich sehe Dich als jemanden der jetzt gerade auf der Schwelle steht, der Schwelle zwischen einem alten Leben voller Einschränkung und einem neuem Leben, in dem mehr Freiheit, Selbstausdruck und Kreativität Platz haben.

Für Dich ist es essentiell, die Ich-Kräfte zu stärken. Manche Menschen haben zuviel Ego, Du darfst es Dir erlauben, viel mehr davon zu haben. Du fragst Dich, ob Du die Freiheit entwickeln kannst, von der Du träumst. Ja, das kannst Du. Der Weg dazu führt über die Stärkung des Ichs, der Ausweitung und des Aufbau eines soliden Selbsts, auch über einen gesunden Trotz und eine Rebellion gegen das, was Dich zurückhält. Dazu brauchst Du auch wirksame Strategien um mit den Gefühlen von Angst und Beschränkung umzugehen. Mit Mond/Saturn ist die Gefahr gross, von den eigenen negativen Gefühlen überrollt zu werden, denn diese Gefühle sind dramatisch, stark und in ihrer Negativität manchmal fast unerträglich. Denke daran – sie verkörpern keine äussere Realität, sie sind lediglich Ausdruck eines inneren Dramas. Sie sind nicht real – aber sie fühlen sich sehr real an. Sie sind Schauspieler auf einer Bühne – talentierte Schauspieler, aber keine wirklichen Menschen. Vertraue ihnen nicht. Vertraue Deinem Trotz, Deinen Instinkten, Deiner Wut, Deinem inneren Nein und Deinem inneren Ja.

Das Gefühl der Begrenzung, der Depression, des Zweifels, der Angst, des Wartesaales mag immer wieder auftauchen, es ist ein Lebensthema. Aber es wird einfacher werden.

Es ist sehr viel Energie in Deinem Horoskop verhanden, aber sie kann sich nur über die Selbstliebe und die Stärkung des Ichs entwickeln und befreien. Aber ich glaube, das weißt Du schon.



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